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Drucken 14-01-2024 | Theken-Themen

Sinn oder Unsinn der Schuldenbremse-eine kritische Bewertung


Kommentar von Redakteur Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing

   Die Schuldenbremse war die Konsequenz aus der Belehrung, zu der sich unsere Regierung und die EURO-Gruppe gegenüber dem hochverschuldeten Griechenland 2010 hinreissen ließen. Wir wollten als vorbildliche Finanzpolitiker zeigen, dass wir uns selbst in die Pflicht nehmen. Diese ganze Aktion war im Nachhinein beurteilt für Griechenland erfolgreich. Da wir aber mit der Schuldenbremse wieder einmal über das Ziel hinausgeschossen sind, müssen wir uns heute fragen, wie sinnvoll ein Festhalten an der Schuldenbremse angesichts von Investitionsstaus in allen Bereichen tatsächlich ist. 

 

Die Erkenntnisse, die wir heute über den Zustand unseres Landes mit strukturellen gravierenden Defiziten in der Bildungspolitik, Gesundheitspolitik, Wohnungsbau, Ertüchtigung der Bundeswehr, Verkehr, Rentenpolitik und Umwelt u.a. feststellen, lassen nur einen Schluss zu: wir müssen investieren und nicht zu knapp. Wir sprechen hier von Billionen EUR und nicht von Mrd.EUR

Geld ist das Eine, entscheidend aber ist die Umsetzung. Dazu bedarf es einer gesamt-gesellschaftlichen Kraftanstrengung.

Und genau dazu muss die Schuldenbremse relativiert werden, indem eine klare, für Bund, Länder und Kommunen kriterien-gleiche Trennung zwischen Zukunftsinvestitionen und Unterhaltsaufwand stattfindet. Unterhaltsaufwand darf grundsätzlich nicht mit Schulden finanziert werden. Und Zukunftsinvestitionen müssen grundsätzlich mit einer Kosten-Nutzen-Kalkulation versehen werden, die einem laufenden Controlling zu unterziehen ist.

Aktuell sehen wir einer seit der Wiedervereinigung nicht dagewesenen Exportschwäche entgegen. Dazu kommen inflations- und zinsbedingte Verteuerungen im Wohnungsbau, der qua Auflagen und Standards von privaten Investoren schon längst nicht mehr finanzierbar ist.

Wie konnten wir in diese Lage kommen?

Nach 1990 wurden Verkehrsinfrastruktur und Telekommunikation quasi zu 100% ersetzt. Das war ein beispielloser Kraftakt, finanziert von allen Steuerzahlern mit dem Soli.

Danach machte sich ein friedlicher Tiefschlaf breit, für den im Wesentlichen die CDU unter Merkel steht.

Dazu kommen seit der Jahrtausendwende gravierende Fehler:

1. Abschaffung der Wehrpflicht und des Ersatzdienstes. Das war ein Schlag gegen den gesellschaftlichen Zusammenhalt und der inneren Stärke unserer Gesellschaft.

2. Nahezu vollständiges Erliegen des deutsch-französischen Motors in Europa und leichtfertiges Gewährenlassen der EU-Bürokratie, die im Wesentlichen dadurch gekennzeichnet ist, dass sich die Mitgliedsstaaten einem Standardisierungs- und Gleichschaltungswahn unterwerfen und im jeweiligen eigenen Land umsetzen mußten, begleitet durch unproduktive Meldemechanismen.

3. Dies führte in den Mitgliedsstaaten zu einem Wust an Gesetzesänderungen, gefolgt von einem Wust an zusätzlichen Organisationen, die Standardisierungen und Qualitätsanforderungen setzen, überwachen und zeit- und kostenaufwändige Qualifizierungsnachweise abfordern.
Da es schon immer Art der deutschen Staatsdiener war, die Obrigkeitsvorgaben vorbildlich umzusetzen und diesen noch einen eigenen Stempel aufzudrücken, sind Krebsgeschwüre entstanden, die die produktive Arbeit von Unternehmen und Arbeitnehmern erschweren und zum Teil unmöglich machen.

In Konsequenz dessen entfernen sich die Bürger immer mehr von der Politik, abzulesen an den sinkenden Wahlbeteiligungen.

Der Politik muss ein Rundumschlag gelingen, der Vertrauen und Zuversicht der Bürgerschaft zurück bringt.

Rainer Willing