2,2% BIP-Wachstum für 2017 meldet das Statistische Bundesamt. Eine gute Nachricht zum Nachdenken
Brockum, 23.02.2018 (Ein Kommentar von R.Willing) Nichts ist beständiger, als das Wachstum in Deutschland. Seit 1950 kennt die Wachstumskurve nur eine Richtung: immer aufwärts. Mit nur 1 Ausnahme für das Jahr 2009. Und diese Ausnahme ist auf die Nachwirkungen des Bankencrashs von 2008 zurück zu führen, der von den USA ausging. Dieses Wachstum begründet unseren Wohlstand, leider aber auch die Sogwirkung auf die gefüllten Töpfe, um die sich immer mehr Menschen streiten. Dass unsere Rentner und Gering-Verdiener dabei hinten anstehen müssen, kann allerdings nicht befriedigen. Eine stärkere Kaufkraft in diesen Bevölkerungsschichten käme der Inlandsnachfrage und insbesondere den Dienstleistungsbranchen zugute.
Es macht durchaus Sinn, angesichts dieser für uns positiven Entwicklung, auch einmal nach den Gründen zu fragen. Dabei steht die Globalisierung an erster Stelle, denn unsere weltweit einmalige positive Wachstumsentwicklung resultiert nicht aus der Nachfrage in Deutschland selbst, sondern aus der Nachfrage im Ausland. Die robuste Auslandsnachfrage nach Gütern made in Germany wiederum hat zwei wesentliche Gründe: einmal der steigende Wohlstand in den ausländischen Märkten (Stichwort BRICS) und eine deutsche Industrie, die die Nachfrage aus diesen Märkten mit guten Produkten zu befriedigen in der Lage ist.
Do ut des, sagte schon der gebildete Mensch im alten Rom. Will heissen: ich gebe, damit Du gibst. Einfach gesagt: jedes Ding hat seine zwei (gegensätzliche) Seiten. In Bezug auf die Globalisierung bedeutet das schlicht und einfach: Wenn wir im Export viel Geld verdienen, so verlagern wir damit auch Arbeitsplätze ins Ausland. Denn nur dort, wo Menschen zusätzliche Beschäftigung finden, kann auch zusätzliche Nachfrage entstehen. Und in aller Regel kommt diese Entwicklung auch einem hausgemachten Trend zugute. Denn es werden insbesondere die Arbeitsplätze in das lohnniedrigere Ausland verlagert, die besonders beschäftigungsintensive Produktionen betreffen. Die Produktion solcher Produkte wäre also bei uns zu teuer, als dass wir sie mit Erfolg verkaufen könnten.
Und um unsere Exporterfolge im Ausland abzusichern, baut unsere Industrie dort eigene Fertigungsstätten. Nicht weil wir Spaß daran hätten, Arbeitsplätze bei uns abzubauen, sondern weil wir in den fernen Absatzmärkten mit der dort wachsenden heimischen Industrie wettbewerbsfähig bleiben müssen. Schließlich sind die Logistikkosten ein Faktor von strategisch zunehmender Bedeutung.
Insofern ist es völlig normal, wenn einfache beschäftigungsintensive Produktionsprozesse in die Volkswirtschaften verlagert wird, deren Bevölkerungen damit zusätzlich in Beschäftigung kommen, in ihren Ländern also zusätzlichen Wohlstand schaffen. So sind diese Länder dann in der Lage, beispielsweise ein Auto in Wolfsburg zu kaufen.
Wenn heute gelegentlich über die Globalisierung geschimpft wird, dann ist dies also kontraproduktiv und allenfalls geeignet, von den Chancen abzulenken, die das Zusammenwachsen der Weltbevölkerung und die weltweite Vernetzung ökonomischer Aktivitäten eben auch bieten.
Die Politik ist aufgerufen, aus diesen sich stetig und schneller verändernden Prozessen in der heimischen Arbeitswelt die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen mit den Zielen:
Sicherstellung und Förderung der Technologie-Führerschaft Deutschlands (Bildung/Ausbildung/gezielte Einwanderung) und
Stärkung des Dienstleistungssektors. Der Dienstleistungssektor wird seit Jahren von der Politik vernachlässigt. Dabei ist er das natürliche Reservoir für eine Verlagerung von Arbeitsplätzen von der Industrie zu Handel und Dienstleistungen. Das betrifft insbesondere den Kranken, Alters- und Pflegedienst, wie auch Gastronomie und Hotellerie.
(Red. gastronomie.de, Dipl.-Betrw. R.Willing)