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Drucken 14-04-2022 | Konjunktur | Verschiedenes

Der Krieg in der Ukraine wirkt auf die EU inflationsverstärkend

Warum die EZB die Leitzinsen nicht anheben wird.


Aktuell wird seitens der Medien eine Leitzinserhöhung der EZB gefordert. Hauptargument: die Inflation müsse bekämpft werden. Bisher habe ich vergeblich nach Erklärungen gesucht, warum ein höherer Leitzins der Inflation entgegenwirken könne. In der Klassichen Lehre der Volkswirtschaft galt der Leitzins als Stimulus für die Investitionstätigkeit der Wirtschaft. Das gilt heute deshalb nicht mehr, weil sich die Wirtschaft in globalisierten und gesättigten Märkten nicht an den Finanzierungskosten orientiert, sondern an den Absatzchancen in den jeweiligen Märkten. Deshalb reduziert sich der Einfluß des Leitzinses auf die Entwicklung der Anleihemärkte und der Währungen.

Dieser Einfluß ist aber immer noch so bedeutend, dass die Finanzmärkte derzeit auf die Wasserstandsmeldungen der US-Fed schauen, wie das Kaninchen auf die Schlange. Dagegen kann die EZB aktuell noch relativ gelassen die Diskussion der Politik überlassen. Die Inflation in ihrer aktuellen Ausprägung in der EU hat leider so viele Ursachen, dass es allenfalls darauf ankommen kann daraus zu lernen und einzelnen Ursachen entgegen zu wirken, soweit dies überhaupt möglich erscheint.

Aktuell muss die EZB mit einer eigenen Leitzinserhöhung erst dann reagieren, wenn die US-Fed die Leitzinsen anhebt. Dies steht zwar zu erwarten, wann und in welchem Ausmaß ist noch offen. Es muss seitens der EZB beurteilt werden, inwieweit höhere US-Zinsen das USD-EURO -Verhältnis zu Ungunsten des EURO verändert. Je stärker der USD wird, desto teurer kommt der EU der Import von Rohstoffen und Energie. Das wäre ein Effekt, der die Inflation im EURO-Raum verstärken würde. Die Devisenmärkte haben diese Entwicklung aber schon eingepreist. Der EURO hat in den letzten 9 Monaten bereits von 1,22 auf 1,08 zum USD verloren, sodaß dieser Inflationseffekt einer US-Leitzinserhöhung von der EU quasi schon bezahlt ist.

Eine von der EZB darüber hinaus zu beachtende Unsicherheit liegt im Fortgang des Krieges Russlands in der Ukraine. Insbesondere die wirtschaftlichen Folgen weitgehenden Produktions- und Lieferausfalls der Ukraine stellen der EU Kollateralschäden in Aussicht, die heute in ihrem Ausmaß noch nicht abschätzbar sind. Sie dürften aber sehr erheblich sein.

Die EZB muss sich darauf einstellen, den auf die Mitgliedsstaaten zukommenden zusätzlichen Finanzierungsbedarf zinsgünstig zur Verfügung stellen zu können.

Über ein Embargo russischer Öl- und Gasimporte ist an dieser Stelle nicht zu spekulieren. Die Folgen würden alle Mitgliedstaaten der EU, insbesondere aber Deutschland sehr hart treffen. Allein schon die aktuelle Diskussion darüber ist Alles Andere als sinnvoll.  Sie ist schlicht verantwortungslos.

(Redaktion gastronomie.de Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing)