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Drucken 26-02-2023 | Markt & Trend | Kooperationen und Verbände | Recht & Gesetz

Kommunen müssen ihr Gastgewerbe besser pflegen

Bei Prof. Dr. Martin Franz, Universität Osnabrück, Institut für Geographie. Hier läßt sich u.a. Folgendes lesen:

"Der Struktur -, Format - und Standortwandel von Gaststätten in Deutschland wird bislang in der wissenschaftlichen Diskussion ebenso weitgehend vernachlässigt wie in der praktischen Arbeit in Wirtschaftsförderung, Stadtmarketing und Stadtentwicklung. Dabei haben z.B. der Rückzug von Unternehmen der Gastronomie aus der Fläche, die Ausbreitung von Gaststätten in den Fußgängerzonen und die Zunahme der Systemgastronomie durchaus einen prägenden Einfluss auf die Stadtentwicklung und die Attraktivität von Standorten für Unternehmen und Bewohnerschaft."

Beispiel München. Die Stadt München gehört zu den wenigen Großstädten, die zu den attraktivsten Zentren in Deutschland überhaupt zählt. Dazu trägt auch eine attraktive gastgewerbliche Struktur bei. Das schlägt sich u.a. in außerorentlich hohen Steuereinnahmen nieder.

Entgegen der Positionierung der bayerischen Landesregierung, eine Betten- oder Übernachtungssteuer in Bayern nicht zuzulassen, erwägt die Stadt München mit juristischen Mitteln solch eine zusätzliche Steuer durchzusetzen.

Das ist aus zweierlei Gründen unverständlich: die Stadt München wird mit einem deutlich kleineren Haushalts-Minus als gedacht aus dem Jahr 2022 hervorgehen. Deshalb hat der Finanzausschuss des Stadtrats den Nachtragshaushalt für 2022 beschlossen, bei dem sich das bisherige Defizit im Ergebnishaushalt um mehr als 200 Millionen auf 42 Millionen Euro reduziert. Das liegt vor allem an den Einnahmen durch die Gewerbesteuer: Satte 280 Millionen Euro, mehr als ursprünglich angenommen, fließen in 2022 in die Stadtkasse. Insgesamt steigen die Steuereinnahmen um 330 Millionen Euro. Was die laufende Verwaltungstätigkeit betrifft, rechnet die Kämmerei nun mit einem Überschuss von 349 Millionen Euro.

Die lockdown-verursachten Nackenschläge für das Gastgewerbe der letzten 3 Jahre sind noch längst nicht verdaut, da dreht die Stadt München bereits an der nächsten Daumenschraube. Statt die Tourismuskuh, die Bayern jährlich mit beachtlichen Tourismuseinnahmen versorgt, zu hegen und zu pflegen, denkt die Stadt München darüber nach, wie sie die Vorgabe der Landesregierung, das Gastgewerbe nicht weiter zu belasten, mit juristischen Kniffen umgehen kann.

Dieses Ansinnen der Stadt München, die entgegen der wirtschaftlichen Lage des Umlands von unerwartet hohen Steuereinnahmen in 2022 geradezu beglückt wurde, wird vom Landesverband des bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands sehr ernst genommen. Aus diesem Anlass mahnt der Verband in seiner heutigen Presseerklärung, die wir hier veröffentlicht haben.

Bund, Länder und Kommunen müssen vorsichtig sein, den Goodwill der Gesellschaft nicht durch unkluges und egoistisches Verhalten zu verspielen. In diesen Zeiten der galoppierenden Geldentwertung wird Solidarität insbesondere von denen erwartet, die unter der Inflation weniger zu leiden haben: Besserverdienende, Beamte:innen. Dazu gehört auch, dass Öffentliche Arbeitgeber sich freiwillig einem Sparzwang unterstellen.
Für das Gastgewerbe gilt deshalb in besonderem Maße kommunale  Rücksichtnahme zur Regeneration aus der katastrophalen Pandemiezeit.

Redaktion gastronomie.de, Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing