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Drucken 31-03-2013 | Verschiedenes

Nachdenkliches zum Osterfest

Solidarität mit Südeuropa

Gastronomie und Hotellerie im deutsch-sprachigen Raum zwischen Nordsee/Ostsee und Alpen bilden einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor: ca 1,4 Mio Beschäftigte erwirtschaften in mehr als 300.000 Betrieben einen Umsatz von ca 80 Mrd EURO.

Gegenseitige Achtung, Respekt, Verständnis, die Freude an der Kommunikation und dem gegenseitigen Kennenlernen von Menschen in ihren jeweiligen Kulturen und Landschaften sind tägliche Motivation und Ansporn für Gastronom, Hotelier und Beschäftigte einerseits und ihren Gästen andererseits.
Wir müssen alle aufpassen, dass wir das, was wir schätzen, nicht verspielen.

Wenn wir heute am Beispiel Zyperns Fehlentwicklungen beklagen, dann müssen wir uns alle fragen, warum wir den EURO wollten, aber die notwendigen Kompetenzen zur Führung dieser gemeinsamen Währung als einzelne Nation nicht abgeben wollten. Mit der Umstellung auf den EURO sind durch die Politik gravierende Systemfehler begangen worden. Weder in der Kanzlerschaft von Schröder noch in der von Merkel wurden je ernsthafte Anstrengungen unternommen die deutsch-französichen Beziehungen in Richtung einer gemeinsamen Finanz- und Steuerpolitik wenigstens im Kern der EURO-Länder fortzuentwickeln. Im Ergebnis beklagen wir heute gravierend unterschiedliche Anleihezinsen für die Staatsfinanzierung der Länder im gemeinsamen Währungsraum.
Und es scheint tatsächlich so, dass die Politik sich nach wie vor nicht bewegt und auf Zeit spielt. Zeit, die nicht vorhanden ist und täglich teurer wird. Zeit, die den Südeuropäern immer mehr die Fähigkeit nimmt aus eigener Kraft auf die Beine zu kommen. Zeit, die mit jedem Tag die Absatzmärkte für unsere Exportwirtschaft zusätzlich schwächt. Zeit, die mit jeder Sekunde das Haftungsrisiko für uns selbst in unerträgliche Dimensionen katapultiert.

Es wird sich als schwerwiegende politische Fehleinschätzung des EURO-Krisenmanagement herausstellen, dass Schuldenabbau in der Phase rückläufiger Staatseinnahmen zwangsläufig zur Gesundung der Wirtschaft führt. Das Gegenteil ist der Fall, die Abwärtsspirale beschleunigt sich. Es bleibt eben richtig, was schon immer richtig war: der Staat muss seine Einnahmen und Ausgaben so steuern, dass er in der Lage ist sich antizyklisch zu verhalten: im Aufschwung Gewinne zusätzlich abschöpfen und verstärkt Schulden abbauen und im Abschwung Investitionsanreize setzen.

Wir sollten uns Alle die Frage stellen, warum der Staat zu solch verantwortungsbewußtem Handeln nicht fähig ist. Ich fürchte, dass man sich um diese Frage ganz bewußt herumdrückt, weil man zu der Erkenntnis kommen müßte, dass wir in Führung und Verwaltung des Staates Systemveränderungen herbei führen müssen: weg von der Quantität zu mehr Qualität in der Politik, weg von den Parteiensystemen, die offenbar immer weniger in der Lage sind die Qualität an Politiker zu generieren, die wir in der globalisierten und technologisch geprägten Welt heute benötigen und hin zu offenen und flexiblen, d.h. an den Themen und Aufgaben orientierte Einbindung von Bürgern und wissenschaftlichen Kompetenzteams.

Wenn wir uns in dieser Weise der Zukunft zuwenden, statt Ressentiments und Vorurteile wieder aufleben zu lassen, haben wir vielleicht noch eine gute Chance.

Es ist mein Wunsch nicht nur zu dieser Osterzeit.

Rainer Willing, Redaktion gastronomie.de