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Drucken 16-04-2023 | Theken-Themen

Unser Verhältnis zu China. (Der politische Kommentar zur 15. KW)


Obwohl in der letzten Woche viele, teils dramatische Vorkommnisse die Schlagzeilen der Medien beherrscht haben - denken Sie nur an Frankreich mit der Auseinandersetzung zwischen dem Präsidenten und der Bevölkerung um die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters oder an die dramatisch werdende Lage der ukrainischen Armee durch den Munitionsmangel im Krieg mit Russland, ja selbst eine Bewertung des Versagens des Managements des FCBayern hätte mir auf der Zunge gelegen - muss ich meine Meinung zu Annalena Baerbocks Antrittsbesuch in China thematisieren.

Denn unser und Europa's Verhältnis zu China wird in Zukunft noch wichtiger werden und wir sollten grobe Fehler im Umgang mit China vermeiden. Das liegt zum Einen an den gegenseitigen wirtschaftlichen Beziehungen, die man auch gern Verpflechtungen und Abhängigkeiten nennen darf.

Selbstverständlich entstehen durch sich positiv entwickelnde Wirtschaftsbeziehungen gegenseitige Abhängigkeiten. Dass genau dies bei uns so negativ empfunden wird, ist völlig unbegründet. In jeder Beziehung entstehen gegenseitige Abhängigkeiten. Und das ist auch gut so, denn umfangreiche Beziehungen erleichtern die Überwindung von Differenzen und Missverständnissen und diese sind allein geeignet gute Beziehungen weiterzuentwickeln.

An dieser Stelle möchte ich jene Schlauberger kritisieren, die Putins Überfall auf die Ukraine zum Anlaß nehmen, die vergangene Politik der Geschäfte mit Russland als falsch, weltfremd oder als absehbar gefährlich zu bewerten. Kein Verantwortlicher in der deutschen Politik und Großindustrie hätte irgendwoanders teurer einkaufen können. Wir Alle haben damit gut gelebt und unseren Wohlstand auch mit diesen Beziehungen zu Russland entwickelt. Und natürlich war und ist es nach wie vor richtig, über wirtschaftliche Beziehungen zu Annäherung und Frieden zu kommen. Nur so konnte auch die Teilung Deutschlands überwunden werden.
Als Angehöriger des unmittelbaren Nachkriegsjahrgangs von 1948 weiss ich nicht nur, wovon ich rede, ich weiss auch, dass es zum friedlichen Miteinander keiner Besserwisserei und keines erhobenen Zeigefingers bedarf. Ein Blick in unsere eigene Geschichte sollte auch unsere junge Politikergeneration Anlaß sein sich überlegter zurück zu nehmen und diplomatischer zu äußern. Um seine Meinung zu sagen, bedarf es nicht der Besserwisserei und Belehrung. Jedes Land hat seine eigene Agenda, seine eigenen Erfahrungen und Lasten und auch seine eigenen Traumata.

Es gibt auch heute noch, mehr als 85 Jahre nach Diktatur und Überfall auf unsere Nachbarn mit 60 Mio toten Soldaten und Zivilisten, keinen Anlaß und keine Rechtfertigung, anderen Gesellschaften und Nationen zu erklären, wie sie ihr nationales Miteinander gestalten sollten. Schon garnicht ein Land mit den vielfältigsten ethnischen und geografisch unterschiedlichsten Bedingungen mit mehr als 1,3 Mrd Menschen.

Jetzt mag es Uneinsichtige geben, die darauf verweisen wollen, dass man vor Unrecht nicht die Augen verschließen solle. Richtig, aber dann mögen Sie diese Augen auch im eigenen Land und bei unseren Freunden jenseits des Atlantik offenhalten.

Kommentar von Dipl.-Betriebswirt Rainer Willing, 16.04.2023