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Drucken 04-03-2021 | Pandemie

Muss das Gastgewerbe für die Fehler der Politik büßen?

Dass die Neuinfektionen trotz geschlossenen Gastgewerbes nicht weiter rückläufig sind, teils sogar wieder steigen, ist jedenfalls kein Beleg dafür, dass das Gastgewerbe als Hotspot für Neuinfektionen gelten kann.

Angesichts der Tatsache, dass erzwungene Schließungen von längerer Dauer zur Vernichtung unternehmerischer Existenzen führt, zu persönlichen Enttäuschungen, Depressionen, Verzweiflung und Zukunftsängsten führen, muss von verantwortungsbewußter Politik erwartet werden können, dass sie Alles unternimmt, um die Bürger vor derart Schicksal zu schützen. 

Im März 2020 haben wir Alle erst einmal begreifen müssen, welche Gefahr die gesamte Menschheit bedroht. Im Gegensatz zu einigen anderen Ländern haben unsere Politiker, allen voran die Kanzlerin die Gefahr erkannt und die richtigen Downlock-Maßnahmen ergriffen. Dies führte dazu, dass die Neuinfektionen Mai/Juni so markant zurückgingen, dass wir Alle glaubten, das Schlimmste überstanden zu haben. Einige haben sich sogar dazu hinreissen lassen, Deutschland und sich selbst gegenüber anderen Ländern über den Klee zu loben.

Zu diesem Zeitpunkt aber hätten Politik und Wissenschaft Szenarien eines Wiederaufflammens der Infektionen erarbeiten müssen und für den Fall neu entstehender Hotspots von Neuinfektionen Gegenmaßnahmen zu planen.  Ausrüstung von Schulen mit Luftfilteranlagen, Test- und Nachverfolgungsstrategien und bundes-einheitliches Handeln der Gesundheitsämter, Weiterentwicklung der Warn-APP u.s.w. hätten vorbereitet werden können. Ja selbst auf die Entstehung von Mutationen, die ja wissenschaftlich bekannt sind, hätte man Gegenstrategien zumindest diskutieren müssen. Kluges vorausschauendes Handeln der Politik ist höchste Politikerpflicht.

Um nicht falsch verstanden zu werden: wer politische Verantwortung übernimmt, muss nicht Alles wissen oder selbst machen. Er muss aber in der Lage sein Fachkompetenzen zu organisieren und zu moderieren, Ziele formulieren, strukturiert denken und handeln, Alternativen gewichten und nicht zu vergessen: die eigenen Interessen hinten anzustellen.

Politik muss also führungsstark sein.

Als im Oktober 2020 die Zahl der Neuinfektionen überraschend und kontinuierlich stiegen, griff man zum zweiten Lockdown ab November. Dann passiert ein ganz gravierender Fehler: man unterläßt es Test- und Nachverfolgungsstrategien in Gang zu setzen. Weil man hofft, dass der zweite Lockdown genauso schnell wirkt, wie der Erste im März? Oder weil man glaubt, dass die Mutationen nur von England kommen?

Im Ergebnis dieser fahrlässigen Unterlassung kommt es wegen nicht hinreichenden Rückgangs der Neuinfektionen zur  abermaligen Verlängerung des Lockdown zu Lasten der Wirtschaft, insbesondere dem Dienstleistungssektor und hier in besonderem Maße zu Lasten des Gastgewerbes. 

So gesehen ist die Kritik der Verbände des Gastgewerbes an der Politik eher moderat. (Redakteur Rainer Willing)